Alternativen
Die Schlacht von Ligny
Die Schlacht von Ligny hätte viel mehr werden können, als nur Napoleons letzte siegreiche Schlacht. Sowohl die Alliierten, als auch Napoleon hätten an diesem Tag die Schlacht von Waterloo verhindern können.
Auf alliierter Seite kann man darüber diskutieren, ob eine frühzeitige Vereinigung der Armeen Blüchers und Wellingtons hätte stattfinden können. In diesem Zusammenhang wird oft gefragt, warum Wellington erst am 15. Juni seine Truppen in Bewegung setzte. Es wird meistens damit erklärt, dass er eine Finte des Korsen vermutete, der jedoch in diesem Feldzug alles andere als fintenreich agierte, und noch auf weitere Informationen wartete oder unter allen Umständen seine Rückzugswege zum Meer offen halte wollte. Alternativ wäre ein preußischer Gewaltmarsch in Richtung Westen eine Option gewesen, die sich bei genauerer Betrachtung auch als sehr schwierig erwiesen hätte.
Bei den Franzosen ist der Grund viel einfacher zu identifizieren, nur die Ursache nicht. Das I. Korps hätte an diesem Tag die Entscheidung bei Ligny gebracht und im Rücken der Preußen deren Rückzug unmöglich gemacht. Die völlige Vernichtung der preußischen Armee wäre die Folge gewesen. Napoleon hätte dann zwar auch in den nächsten Tagen Wellington gegenübergestanden, allerdings mit dem großen Unterschied, dass die Korps von Vandamme und Gérard von Anfang an dabei gewesen wären. Mit dieser Übermacht kann man davon ausgehen, dass Napoleon Wellington besiegt hätte.
Wer das unglückliche agieren des I. Korps zwischen Quatre Bras und Ligny verursacht hat, ist nicht leicht auszumachen. Napoleon, Ney, d'Erlon und de la Brédoyère sind erstmal die Hauptverdächtigen. Napoleon hatte es versäumt seinen Offizieren klar und deutlich seine Absichten darzulegen, während Ney, trotz der vielen Jahre an der Seite seines Kaisers, nicht dessen Plan durchschaute und das I. Korps zur Umkehr zwang. Drouet d'Erlon versäumte es rechtzeitig den Kontakt mit Vandamme aufzunehmen und de la Brédoyère hat eindeutig seine Kompetenzen überschritten, als er das I. Korps ohne Konsultation Neys oder d'Erlon zum Marsch nach Osten brachte.
Nach der Schlacht
Carl von Clausewitz geht in seinem Hauptwerk davon aus, dass das französische Heer in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni verloren wurde. Napoleon hätte sich, nach dem Erscheinen der Preußen für den Rückzug entscheiden sollen um so den Schaden zu begrenzen.
Er sieht es als Napoleons größten Fehler an, dass er die Reserve verschwendete um eine bereits verlorene Schlacht doch noch zu gewinnen. Mit der Reserve hätte der Kaiser Raum für einen geordneten Rückzug gewonnen.
Was für einen Unterschied hätte es gemacht? Er wäre nicht als Flüchtling ohne Armee nach Paris zurückgekehrt, die gewonnene Zeit hätte vielleicht ausgereicht um eine Verteidigung aufzubauen. So traf er in der Hauptstadt ein und musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er sein Heer zu Grunde richtete und dann im Stich gelassen hat.
Statt einer Schlacht verlor er eine ganze Armee und damit den Feldzug. Was er selbst oft anderen zufügte, die Zerschlagung der Armee des Verlierers, wurde ihm jetzt von den Alliierten angetan und er hatte nicht den geringsten Ansatzpunkt um etwas dagegen zu machen. Dabei hätte er nur adaptieren müssen, was die Preußen in der Nacht nach der Schlacht von Ligny vorgemacht haben. In dem Zusammenhang sei auf den oft gescholtenen Grouchy verwiesen, dem es tatsächlich gelang einen großen Teil seiner Armee zurück nach Frankreich zu führen.
Zu Napoleons Verteidigung muss man jedoch anführen, dass er nicht damit gerechnet hatte der gesamten preußischen Armee an seinem rechten Flügel gegenüberzustehen. Zudem wäre es auch zu einfach zu behaupten, dass Napoleon, der Sieger zahlreicher Schlachten, seine Strategien über den Haufen werfen und plötzlich ganz andere Eigenschaften entwickeln konnte. Was ihn früher zum Sieg verhalf, führte bei Waterloo zur völligen Vernichtung.